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Massarbeit – Flight Calibration Services

Ein kleines Flugzeug mit großen Aufgaben: Die Beechcraft King Air 350 der Flight Calibration Services ist regelmäßiger Gast am Hannover Airport. Das Vermessungsflugzeug überprüft die elektromagnetischen Signale des Instrumentenlandesystems (ILS). Damit es den Piloten bei der Landung jederzeit den richtigen Weg weist.

Sicher landen, auch bei Regen oder Nebel: Für Piloten ist das am Hannover Airport ganz einfach. Dabei hilft das ILS. Seine elektromagnetischen Signale geben Flugzeugen den richtigen Kurs vor. So kommen sie auch bei schlechter Sicht problemlos ans Ziel. Vier ILS-An­lagen gibt es am Hannover Airport. An jedem Ende der Nord- und Südbahn eine.

So funktioniert das ILS

Das ILS ist für Piloten unverzichtbar. Es unterstützt die Landung vom Boden aus. Dazu sendet es zwei elektromagnetische Leitstrahlen. Das „Landekurs­signal“ leitet das Flugzeug horizontal auf die Landebahn. Der „Gleitweg“ führt es vertikal bis zum Aufsetzen.

Wegweiser in 3-D

Die ILS-Bordempfänger des Flugzeugs erfassen diese Leitstrahlen. Das Flugzeug übersetzt sie für den Piloten in optische Signale auf den Cockpitinstrumenten, die einen virtuellen Tunnel erzeugen. So weiß der Pilot, ob er zu weit rechts, zu weit links, zu hoch oder zu niedrig fliegt. Die ILS-Anlagen müssen nicht nur jederzeit funktionieren, sondern auch immer präzise arbeiten.

Auf dem Prüfstand

Eine regelmäßige Wartung der ILS-Anlagen ist deshalb Pflicht. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) schreibt dafür einen Turnus von 180 Tagen vor. Sie macht auch genaue Vorgaben für die Prüfkriterien: Reichweite, Genauigkeit und Qualität der Signale.

Farbe am Himmel

Alle 180 Tage zieht deshalb die Beechcraft King Air 350 ihre Kreise über der Umgebung des Flughafens. Die farbenfrohe Propellermaschine hat sensible Messtechnik an Bord. Sie bewegt sich in einem Radius von 46 Kilometern oder 25 Seemeilen um den Flughafen. Das entspricht etwa der Entfernung, in der Flugzeuge von den Fluglotsen für den Anflug aufgefädelt werden. Die Beechcraft zieht ihre Kreise von Celle bis Steinhude, von Hildesheim bis Braunschweig.

Spezialisten an Bord

Zwei Piloten navigieren das Flugzeug. Ein Vermessungsingenieur ist ebenfalls an Bord. Das Team kommt von der Flight Calibration Services GmbH (FCS), einer Tochter der DFS Deutsche Flug­sicherung GmbH. Aus der Luft überprüft es die Signale der ILS-Anlagen.

Komplexe Technik, hohe Kunst

Die Flugvermessung ist ein Spezialgebiet mit einer sehr komplexen Technik. Neue Mitarbeiter absolvieren Spezialkurse zu Navigations- und Systemtechnik. Gelernt wird im Job. Bis zu zwei Jahre kann es dauern, bis Wissen und Können ausgereift sind.

Im Flug vermessen

Die Beechcraft fliegt auf der berechneten Ideallinie für die jeweilige Landebahn. Dabei zeichnet sie die ILS-Signale auf, die sie vom Boden empfängt. Weist das ILS dem Piloten einen Weg, der von der berechneten Ideallinie abweicht, werden die Bodentechniker der Deutschen Flugsicherung per Funk benachrichtigt. Sie stehen während der Vermessungsflüge bei den ILS-Anlagen bereit. Bei Bedarf justieren sie die Signale nach.

Mehrfache Kontrolle

„Bei einem Vermessungsflug wiederholen wir den Anflug auf die Landebahn mehrfach. So überprüfen wir die Struktur und Genauigkeit der Signale“, erklärt Jörg Awe. Er ist Vermessungs­ingenieur bei der FCS. „Aber das Fahrwerk bleibt drin. Wir fliegen in einer Höhe von 50 Fuß über die Bahn. Immer wieder.“

Stunden in der Luft

Bis zu viereinhalb Stunden ist die Beechcraft pro Vermessungsflug unterwegs. „Die genaue Dauer hängt von der Verkehrssituation ab“, so Jörg Awe. „Der normale Flugverkehr muss ja weitergehen. Wir fädeln uns in den laufenden Betrieb ein.“ Bahnschließungen oder Bauarbeiten können das Verfahren verlängern.

Der Flugplan hat Vorrang

Der Flugbetrieb soll auch während der Vermessung reibungslos weitergehen. Deshalb werden die Termine vorab mit der Flugsicherung abgestimmt. Für die Zeit der Überprüfung ist die betroffene ILS-Anlage abgemeldet. Der reguläre Verkehr muss dann mit einem alternativen Anflugverfahren landen. Oder auf die andere Bahn aus­weichen.

(© Hannover Airport/Markus Lindert)

Das Wetter muss mitspielen

Spielt das Wetter nicht mit, muss ein Ausweichtermin her. Denn ein Teil der Vermessung muss unter Sichtbedingungen geflogen werden. Etwa die Reichweitenflüge. „Überprüfen wir die Struktur und Winkel der Signale, geht das auch bei schlechten Sichtbe­dingungen.Die Lotsen müssen anders staffeln, wenn das Wetter schlecht ist. Die Vermessung dauert länger, weil man andere Flugwege ein­halten muss. Das versuchen wir natürlich zu vermeiden.“ Für jede Vermessung gibt es deshalb einen Planungszeitraum von 30 Tagen.

Geprüft und freigegeben

Ist die Anlage in Ordnung, händigt der Messingenieur einen vorläu­figen Prüfschein aus. Darauf stehen die gemessenen Werte. Und es wird bestätigt, dass die Anlage innerhalb der definierten Parameter funktioniert. Diese Parameter sind über die ICAO definiert. Auch muss die Anlage den Anforderungen der technischen Freigabe des Anlagenbetreibers, der Deutschen Flugsicherung, entsprechen. Sind alle Vorgaben erfüllt, können die Anlagen wieder für 180 Tage betrieben werden. Bis zur nächsten Vermessung.

Wenn das Messergebnis abweicht

Manchmal stellen die Ingenieure Abweichungen der Signale von den Vorgaben fest. Veränderungen in der Umgebung können die Signale beeinflussen. Zum Beispiel eine Hochhausfassade, die mit einer metallischen Legierung saniert worden ist. „Die Störung kann man sich dann wie ein Rauschen im Radio vorstellen“, erklärt Jörg Awe. Dies führt zu einer Einschränkung der An­­lagen. Die Folge: Die technische Freigabe muss angepasst werden. Und wenn erforderlich, auch das Anflug­verfahren.

Doppelt hält besser

Damit es nicht zu Ausfällen kommt, sind die Sender in den ILS-Anlagen jeweils gedoppelt. In der Nähe der ILS-Sendeantennen stehen Monitorantennen. Erkennen sie eine Störung, wird automatisch auf den zweiten Sender umgeschaltet. Wenn die Störung immer noch da ist, wird abgeschaltet. Wenn ein wichtiges Bauteil ausfällt, müssen die Anlagen repariert werden. Danach führen Techniker und Ingenieure eine Sonderflug­vermessung durch.

Technik für die Zukunft

Wird die technische Entwicklung das ILS-System in absehbarer Zeit verdrängen? „Nein“, weiß Jörg Awe. „Satellitenbasierende Technologien werden seit Jahren in der Luftfahrt verwendet und in Zukunft werden immer mehr Anflugverfahren auf dieser Technologie aufbauen. Aber GPS-Signale sind auch störungsanfällig und teilweise zu ungenau. Die großen Flughäfen mit hohem Verkehrsaufkommen werden ILS immer als konventionelle terres­trische Navigationshilfe oder als Backup zum GPS nutzen.“

Auch in Zukunft wird die Beechcraft weiter ihre Runden drehen.

Info

Die FCS Flight Calibration Services GmbH ist ein Gemeinschaftsunternehmen der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH und der österreichischen und schweizerischen Flugsicherung.

Sie führt Vermessungsflüge im Luftraum über Deutschland, Österreich und der Schweiz durch. Die Vorgaben kommen von der Internationalen Zivilluftfahrt- ­­organisation. Alle Navigations­anlagen müssen in gewissen Zeitabständen überprüft werden. Dafür nutzt die FCS zwei Vermessungsflugzeuge vom Typ Beechcraft King Air 350.

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