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Mosaik der sizilianischen Küche

Feinkost aus Jahrtausenden

Das Tyrrhenische Meer prägt die Nordküste Siziliens. Vor der Ostküste spült das Ionischen Meer seine Wellen an Land. Die Straße von Sizilien wiederum trennt die Südwestküste und den afrikanischen Kontinent. Oft rau und wild zeigt sich die größte der Mittelmeerinseln. Kulinarisch jedoch, ist die Insel durch geschmackliche Finesse geprägt. Seit der Antike bestimmen unterschiedliche Kulturen den Speiseplan. Besonders bedeutend sind Griechen und Araber. Später dominieren auch die Spanier. Diese multinationalen Einflüsse vereinen sich über Jahrhunderte in den sizilianischen Töpfen.

Behältnisse mit unterschiedlichen Gewürzen wie Pistazien und Pfeffer.
Sizilianisches Gewürzangebot | © Envato elements

Fangfrisches aus dem Meer

Catania ist ein spätbarocker Hotspot. Die zweitgrößten Stadt Siziliens verführt mit Charme. Und mit Lebensfreude. Zum UNESCO Weltkulturerbe wurde die Hafen- und Universitätsmetropole ernannt. Verständlich. Gegründet wurde sie im 8. Jahrhundert von den Griechen. Die antiken Siedler werden sich bereits damals an der Vielfalt des maritimen Fangangebotes erfreut haben. Auch im 21. Jahrhundert bestimmen Thunfisch, Schwertfisch & Co viele Menükarten der Gastronomien. Für eine exzellente Auswahl sorgt Catanias antiker Fischmarkt. Ohne Feilschen geht der Einkauf nicht vonstatten. Marktschreier übertönen sich gegenseitig. Zusammengewürfelte Gerüche wabern durch die Gassen. Ein Erlebnis für Augen, Gaumen, Ohren.

Stadtansicht von Catania. Im Hintergrund erhebt sich der Ätna.
Stadtansicht von Catania | © Envato elements

Lava und Eis

Oberhalb von Catania spuckt der Ätna Rauchschwaden. 3.500 Meter misst der größte Vulkan Europas. Wer hinauf möchte, nimmt einen der Pendelbusse zwischen Stadt und Talstation „Rifugio Sapienza“. Hier sammeln sich Wanderer für eine geführte Trekkingtour bis zum Krater. An der Nordwestflanke des Vulkans befindet sich die „Grotta del Gelo“. Die Höhle ist das Zuhause von permanenten Eismassen. 2.000 Meter über dem Meeresspiegel. Der eisige Tunnel ist im 17. Jahrhundert durch Lavaausbrüche entstanden. Anderthalb Kilometer aufwärts brodelt Magma auf bis zu 1.200 Grad. Die Natur ist gewaltig. Gegensätze sind keine Widersprüche. Der Ätna liefert den Beweis.

Panorama des antiken Theaters in Taormina. Im Hintergrund ist der Ätna zu sehen.
Griechisches Amphitheater in Taormina | © Envato elements

Wie gemalt

Auf der Küstenstraße geht es in die Hügelstadt Taormina. Bezaubernde Gassen und heimelige Plätze wollen erkundet werden. Die Füße tragen von Winkel zu Winkel. Bergauf, bergab. Bereits Schriftsteller wie Goethe und Oskar Wilde waren von der Schönheit des Ortes begeistert. Der Maler Gustav Klimt entlieh sich Motive vom antiken Theater. Und immer wieder Blicke auf das Meer. Von oben schweifen sie in die Weite. Aufgabe des Tages: innehalten und genießen.

Spezialität des Hauses, bitte

Der Abend lädt zum Sundowner in einem der Innenhoflokale ein.Tische und Stühle flankieren betagte Olivenbäume. Warmes Lampion-Licht leuchtet in die bevorstehende Nacht. Als Antipasti werden auf Holzkohle gegarte Artischocken serviert. Großartig. Die Pasta alla Norma? Perfetto! Zum Abschluss ein Stück vom Sizilianischen Orangenkuchen. Die Früchte stammen vom vulkanischen Anbaugebiet rund um den Ätna.

Restaurant-Terrasse in Cefalu mit Blick auf das Mittelmeer.
Restaurant in Cefalu | © Envato elements
Blick von oben auf eine Schale mit zum Teil aufgeschnittenen Orangen aus Obstplantage in Sizilien.
Orangen aus Obstplantage in Sizilien | © Envato elements

Ab durch die Mitte

Der Weg durch das Landesinnere führt zum Küstenstreifen am Tyrrhenischen Meer. Das Ziel: Palermo, Siziliens Inselhauptstadt. Orte wie Castelbuono werden gestreift. Bekannt ist das Dorf vor allem aufgrund seiner handwerklichen Konditorkunst. Nicola Fiasconaro beginnt seine Erfolgsgeschichte in den 1950er mit der Eröffnung einer kleinen Eisdiele. Über 70 Jahre später ist die familiengeführte Konditorei mehrfach ausgezeichnet, die „Dolci“ international gefragt.

Palermo, rein ins Gewusel

Nach 80 Stufen ist die Wendeltreppe erklommen. Oben auf dem Dach am Torre San Nicolò di Bari geht die Welt ein wenig auf Distanz. Der Monte Pellegrino erhebt sich in nicht allzu weiter Ferne. Blau blitzt das Tyrrhenischen Meeres durch die Lücken der Hausdächer. Viele Gebäude schmeicheln in warmen Sandsteinfarben. Spuren der Zeit sind zu sehen. Das gehört zum Zauber der Stadt.

Promenade von Mondello, ein Vorort Palermos. Ausblick auf das Mittelmeer.
Mondello, ein Vorort Palermos | © Envato elements

Streetfood auf sizilianisch

Einige Schritte vom Torre San Nicolò di Bari entfernt, eröffnet sich das Universum des Mercato di Ballarò. Beliebter Treff von Einheimischen und ein Muss für Gäste.

Auf eine 1.000-jährige Geschichte schaut der bekannte Mercato zurück. Täglich bieten Händler ihre lokalen Produkte aus Meer, Feld und Weide an.

Nahaufnahme von zwei Schalen mit typisch sizilianischem Streetfood auf einem Tisch.
Typisches sizilianisches Streetfood | © Envato elements

Man kennt sich. Und man trifft sich. Ein kurzer Plausch am Stehtisch, eine Pause auf der Holzbank. In der Hand: „Pane e Panelle“. Zwei frische Brotscheiben halten einen knusprigen Kircherbsen-Patty. Wer es traditionell und mit Fleisch mag, lässt sich ein „Pane ca Meusa“ geben. Milz- und Lungenscheiben auf Käse. „Cibo di strada tipico“. Typisches Straßenessen. Ein Glas Catarrato gehört gern dazu. Angestoßen wird auf alle, die in der Nähe stehen. Salute a tutti!

Modica, wo ich seit zwei Jahren wohne, zeichnet sich durch eine vielfältige und modenständige Küche aus. Hier zwei kleine Beispiele:

Mein Geheimtipp ist die Tradition „Bollito am Sonntagmorgen“. Hierfür wird Rindfleisch mit Zwiebeln, Kartoffeln und Karotten stundenlang gegart, bis das Fleisch fast von allein zerfällt. In Modica ist es also Tradition, dies am Sonntagmorgen zu essen. Dazu trinkt man Rotwein. Es ist seit jeher eine gute Möglichkeit, die Männer aus dem Haus zu jagen, damit die Frauen in Ruhe das Pranzo della Domenica, das Sonntagsmittagessen, vorbereiten können.

Einer der letzten Orte, wo dies noch zelebriert wird, ist „da Franco“ in der Altstadt. Auf Google Maps nennt es sich „La Mantia Francesco“, es sieht aber aus wie ein normaler Hauseingang. Die meisten gehen morgens zwischen 7 und 9 Uhr und gehen danach nochmal schlafen.

Allen Vegetariern empfehle ich das modicanische Streetfood „Scaccia“, eine Art herzhafter Strudel z.B. mit Petersilie-Sardelle, Ricotta-Zwiebel oder Aubergine-Tomate. Sciaccia und Bier ist die übliche Feierabendkombination der Bauarbeiter. Der beste Ort ist „dalla Signora“, auf Google Maps „Rosticceria Leggio Giovanna“, geöffnet ab ca. 17 Uhr. Auch hier gibt es kein Schild über der Tür, aber dafür viel sizilianische Herzlichkeit.

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