Notfallübung XXL
Einsatz am HAJ
Kalt ist es an diesem Samstagmorgen im September. Allerdings belohnt der Himmel die ICAO-Übung mit sonnigem Wetter. Keine Regenwolke zu sehen. ICAO ist das Akronym für International Civil Aviation Organization. Turnusmäßig schreibt die Internationale Zivilluftfahrtorganisation Notfalltrainings vor. Dieses hat mit 500 Kräften von Feuerwehren, Unfalldarstellung sowie weiteren Blaulichtdiensten XXL-Format.

Maske bitte
Aufwärmung bietet die Nachtposthalle in direkter Nähe zum Übungsbereich. Hier gibt es heißen Kaffee und belegte Brötchen. So lässt sich der Übungsmorgen gut beginnen. Maskenbilder vom RUD-Team der Johanniter Niedersachsen/Bremen versehen das 70-köpfige Statisten-Team mit „Verletzungen“. Ein junger Mann hält lachend seinen Arm in die Kamera. „Tut gar nicht weh!“ Täuschend echt, diese modellierte Brandwunde. Ohne Frage: Die „Realistische Unfalldarstellung“ verdient ihren Namen!



Team-Work gefragt
Zahlreiche Einsatzkräfte engagieren sich für das Gelingen dieser Mammutaufgabe. Allem voran die Flughafenfeuerwehr des Hannover Airport. Gemeinsam mit ihren Kollegen aus der Region Hannover und den kommunalen Feuerwehren aus dem direkten Umfeld inszeniert sie ein komplexes Unfallszenario. Der Erweiterte Rettungsdienst der Region sowie das Krisenmanagement der Flughafengesellschaft sind ebenfalls eng in den Prozess eingebunden. Mit festgelegten Rollen trainieren sie den Krisenfall.

Zweifach-Kollision mit viel Feuer
Das Übungsszenario: Zusammenstoß zweier Passagiermaschinen! Die eine vom Typ Boeing 737 leitet den Startvorgang Richtung Mallorca ein. Das andere Flugzeug, eine ATR 42, möchte gen Amsterdam abheben. An Bord der beiden Maschinen befinden sich insgesamt 9 Crewmitglieder sowie 51 Passagiere. Durch Unachtsamkeit der ATR 42-Piloten kommt es zur folgenreichen Kollision auf der Startbahn.
Die Boeing rutscht über die Grünflächen. Dabei kollidiert sie auf dem angrenzenden Rollweg zusätzlich mit zwei Fahrzeugen des Hannover Airports. Deren Insassen werden eingeklemmt. Die Boeing 737 bleibt schwer beschädigt auf dem Rollweg liegen. Es kommt es zu einem Folgebrand. Der Grund: auslaufendes Kerosin. Aircraft Accident. Alarmauslösung.

Rettung perfekt koordiniert
Die Flughafenfeuerwehr ist in kürzester Zeit an der Unfallstelle. Zusätzlich werden weitere Kräfte aus der Region angefordert. Das Codewort dafür: MAnV50! Die Einsatzkräfte sind mit über 70 Verletzten konfrontiert. Menschen liegen auf dem Boden. Einige schwerverletzt. Verstreute Gepäckstücke intensivieren die Darstellung dieser Katastrophe. Zum Glück handelt es sich um ein Übungsszenario. Und dieses wird mit Bravour bewältigt.

Notrutsche, Wassereinsatz und schweres Gerät
Die Übungen werden so realitätsnah wie möglich umgesetzt. Statisten verlassen über die Notrutsche das Flugzeug. Löschfahrzeuge bekämpfen den inszenierten Brand in der Simulationsanlage. Rettungskräfte schneiden vermeintlich Verletzte aus zerstörten Fahrzeugen. Jetzt ist schweres Gerät gefragt! Dass es sich um eine Übung handelt, zeigen die lachenden Gesichter von drei jungen Mädchen. Sie haben eine Portion Löschwasser abgekommen. Auf die Sicherheit der Beteiligten achtet ein eigens hierfür zusammengestelltes Team. Auch hier gilt „Safety First!

EINE ÜBUNG DIESER GRÖSSENORDNUNG IST EINE HERAUSFORDERUNG.
Dr. Martin Roll, Flughafenchef

Regulärer Flugbetrieb geht weiter
Durch diese Vollübung kommt es zu keinerlei Einschränkungen. „Eine Übung dieser Größenordnung ist eine Herausforderung“, so Flughafenchef Dr. Martin Roll. „Insbesondere bei laufendem Flugbetrieb.“ Vorstandskollege Maik Blötz ergänzt. „Unser Dank gilt daher allen Beteiligten. Mit großem Engagement wurde die ICAO-Übung geplant und umgesetzt.“
Stefan Martens, Leiter der Flughafenfeuerwehr zieht eine positive Bilanz: „Das Zusammenspiel mit den verschiedenen Organisationen konnte nach zwei Jahren wieder trainiert werden. Wir sind mit dem Übungsergebnis sehr zufrieden.“
Regulärer Flugbetrieb geht weiter
Durch diese Vollübung kommt es zu keinerlei Einschränkungen. „Eine Übung dieser Größenordnung ist eine Herausforderung“, so Flughafenchef Dr. Martin Roll. „Insbesondere bei laufendem Flugbetrieb.“ Vorstandskollege Maik Blötz ergänzt. „Unser Dank gilt daher allen Beteiligten. Mit großem Engagement wurde die ICAO-Übung geplant und umgesetzt.“
Stefan Martens, Leiter der Flughafenfeuerwehr zieht eine positive Bilanz: „Das Zusammenspiel mit den verschiedenen Organisationen konnte nach zwei Jahren wieder trainiert werden. Wir sind mit dem Übungsergebnis sehr zufrieden.“
Interview mit Tobias Plesse

Tobias Plesse ist Leiter Einsatz am Hannover Airport. Er stand dem Team vor, das die ICAO-Großübung am Flughafen Hannover organisiert und durchgeführt hatte.
HAJ-Redaktion: Herr Plesse, die Großübung war ein Mammut-Projekt, oder? Wie lange brauchte es an Vorbereitungszeit?
Tobias Plesse: Tatsächlich wollte die ICAO-Übung gut geplant sein. Die Vorbereitungszeit betrug in etwa ein Dreivierteljahr. Im Vorfeld hatten wir das entsprechende Einsatzkonzept gemäß Katastrophenschutzplan überarbeitet. Die konzeptionellen Veränderungen zum Vorgängerpapier stellten sich nach der Übung als sinnvoll heraus und wurden so mit der zuständigen Aufsichtsbehörde der Region Hannover abgestimmt. Außerdem war ein wichtiges Ziel der Übung, das MAN-Konzept der Region Hannover zu beüben.
HAJ-Redaktion: MANV-Konzept bedeutet?
Tobias Plesse: Ein Notfallkonzept für einen „Massenanfall von Verletzten“. Es können unterschiedliche Alarmstufen, je nach Anzahl der betroffenen Personen, ausgelöst werden. Wir haben die Alarmstufe für bis zu 50 Patienten beübt. Die FH3 ist die höchste Alarmstufe für die Feuerwehren.
HAJ-Redaktion: Es waren nicht nur Einsatzkräfte vom Hannover Airport beteiligt? Welche Feuerwehren nahmen an der Übung teil?
Tobias Plesse: Die Kameraden der Feuerwehren aus Langenhagen, Isernhagen, Wedemark und Garbsen haben das Notfalltraining mit großem Engagement unterstützt. Bereits im Vorfeld wurde Ausbildung betrieben und die Anfahrt geprobt. Oberste Priorität: eine perfekte Koordination ohne Zeitverlust. Die vorgegebene Struktur sorgte unter anderem für die Sortierung der Kräfte im Bereitstellungsraum. Jeder kannte seine Aufgabe. Jeder wusste, was zu tun ist.
HAJ-Redaktion: Apropos Koordination ohne Zeitverlust. Wie schnell müssen die Einsatzkräfte am Notfallort sein?
Tobias Plesse: Die ICAO-Richtlinien geben vor, dass die Einsatzmaßnahmen vor Ort spätestens 180 Sekunden nach der Alarmierung begonnen haben müssen. Also innerhalb von drei Minuten. Die Einhaltung der Eingreifzeit wird durch unsere Aufsichtsbehörde auch regelmäßig unangekündigt überprüft.
HAJ-Redaktion: Gab es ein reelles Unfallgeschehen als Vorbild für die Übung?
Tobias Plesse: Das gab es tatsächlich. Im Januar 2024 kollidierten zwei Flugzeuge am Flughafen Tokio-Haneda. Ein Airbus der Japan Airlines stieß mit einem Flugzeug der japanischen Küstenwache zusammen. Beide Flugzeuge gerieten in Brand. Diesen Vorfall nahmen wir uns als Modell für unsere Unfallnachstellung.
HAJ-Redaktion: An der ICAO-Übung waren weitere Institutionen beteiligt. Statisten und auch Rettungskräfte.
Tobias Plesse: Das ist richtig. Insgesamt waren über 500 Personen beteiligt. Die Hilfsorganisationen der Region Hannover (JUH, DRK, ASB) und die Berufsfeuerwehr Hannover haben sich auf die Rettung von Verletzten fokussiert. Die medizinische Betreuung umfasste die Versorgung am Unfallort bis zur Patientenübergabe im Übungskrankenhaus.
HAJ-Redaktion: Die Statisten wussten um ihren vermeintlichen Verletzungsgrad?
Tobias Plesse: Das gehörte auch zum Konzept. Zuvor waren Patientenrollen vergeben worden und die Statisten wurden auf ihre Rolle und ihr Verletzungsmuster gebrieft.
HAJ-Redaktion: Wer stellte sich für die Darstellung zur Verfügung?
Tobias Plesse: Das Statisten-Team bestand aus Freiwilligen der Johanniter Akademie Niedersachsen/Bremen, Auszubildenden des Deutschen Roten Kreuz, Mitgliedern der Feuerwehr Burgwedel und von Special Assistance Teams verschiedener Airlines und Flughäfen. Einige Statisten waren sogar extra per Flugzeug angereist. Ebenso wichtig wie die Verletztendarsteller waren allerdings Übungsbeobachter und Sicherheitspersonal. Schließlich durfte niemand zu Schaden kommen. Die Sicherheit hatte oberste Priorität.
HAJ-Redaktion: Alles in allem ein enormer Aufwand.
Tobias Plesse: Der wichtig und richtig war. Die ICAO-Übung ist erfolgreich verlaufen. Wir haben keine Show durchgeführt, sondern eine Übung mit großer Ernsthaftigkeit und Präzision.
HAJ-Redaktion: Und das bei laufendem Normalbetrieb. Da kann man sich schon mal auf die Schulter klopfen. Wir tun das auch und sagen „Dankeschön“ für dieses großartige Engagement im Sinne der Sicherheit für uns alle.
Tobias Plesse: Gern geschehen. Den Dank teile ich mit allen Beteiligten, die zum Gelingen der Übung beigetragen haben.
Übungsvorbereiter
Übungsbeobachter
Gäste/
Besucher ca.
Beteiligten Institutionen insgesamt
Feuerwehr- und
Rettungskräfte
Statisten
Mitübende
Fahrzeuge
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